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Alle Beiträge sind unredigiert.
* mit sonetttypischer inhaltlicher Strukturierung
   (These, Antithese, Synthese)

Anmerkung von Renate Golpon.
Ich werde auf dieser Seite eine Zeitlang nichts mehr veröffentlichen, weil ich dem geballten Drängen literarisch interessierter Freunde folgen werde, meine Sonette in einem Büchlein zu publizieren.


Renate Golpon     24.2.2006

Unzufrieden

Du fragst, was Glück sei, wann es dir begegne,
bist nicht mit dir, mit deiner Welt zufrieden
und meinst, die Gunst sei andern nur beschieden;
für dich sei grau der Tag, Verdruss er regne…

Was denkst du, was ich darauf dir entgegne?
Spürst du der Sonne Wärme nicht hienieden?
Warum hast gegen Licht du dich entschieden,
das jeder Tag doch bringt, selbst der verwegne!

Erfreu aufs Neu dich täglich seiner Helle,
nimm auch den Windhauch als willkommne Gabe;
er schenkt der Pfütze eine kleine Welle,

die dann dem Vöglein dient als kühle Labe.
Genieß den Anblick dort an Ort und Stelle.
Setz an zum Sprung, sei jung – sei wieder Knabe!

 

Renate Golpon    21.2.2006

Gegensätze

Ich fühl mich leicht, vom Boden abgehoben,
Gedanken schwirren locker durch die Lüfte.
Nie möcht ich fesseln, knebeln sie hier droben,
noch schießen sie gar nieder aus der Hüfte.

Ich weiß, du holst mich immer wieder nieder,
bist bodenständig, erdnah, unverdrosssen,
magst gern gedämpfte Töne, liebst es bieder.
Du hast dein Pulver niemals schnell verschossen.

Und dennoch konnten wir zusammenfinden;
nie haben wir einander ganz verloren.
Sind Gegensätze, die sich eng verbinden,
für immer aufeinander eingeschworen?

Wir wollen die Verbindung beibehalten.
Lass uns das Leben täglich neu gestalten!

 

Renate Golpon    12.2.2006

Erfüllung

Du bist so schön wie eine goldne Schale,
mit sanften Linien und so voller Glanz.
Dein einz'ger Schmuck sind leuchtende Opale.
Ich schau dich an – und ich verlier mich ganz.

Doch diese Schale ist noch nicht vollkommen;
denn sie ist leer und wär doch gern gefüllt.
Sie hat zwar ihren Platz schon eingenommen,
doch fehlt der Inhalt noch, von ihr umhüllt.

Ich würd mich gern an deinen Boden schmiegen,
dir Inhalt sein, gäb Wärme dir und Kraft.
Ich könnte mich in deinem Glanze wiegen;
Ergänzung ist 's, die das Vollkommne schafft.

Lass bitte uns nicht länger damit warten
und unser Einssein heut'gentags noch starten!

 

Renate Golpon    18.2.2006

Zeit

Ich rufe sehnsuchtsvoll nach ihr mit Worten;
denn immer ist sie wie im Flug verschwunden.
Sie lässt nicht greifen sich, doch schlägt mir Wunden,
wo ich auch bin, egal, an welchen Orten.

Doch nächtens öffnet leise sie die Pforten.
Was angestaut in langen, lauten Stunden
des wilden Tages, der sich arg geschunden
und nichts vollbracht hat – heute, hier und dorten,

jetzt wird es frei und füllt die leeren Räume;
die Zeit ist da, die leise, nicht mehr laute.
Sie schenkt sich mir, belagert meine Träume,

versöhnt mich mit dem Tag, der grämlich schaute,
reißt Mauern ein, erklimmt mit mir die Bäume,
ist nicht mehr fremd, nein – endlich – die Vertraute!

 

Renate Golpon    7.2.2006

Widerstreit

Gedankengüsse prasseln auf mich nieder;
mein Bauchgefühl raubt jeglichen Verstand.
Was immer mit Vernunft so eng verwandt,
es ist entfleucht, wenn Zorn durchzuckt die Glieder.

Ich denke, reflektiere immer wieder,
hab sonst doch mit Verstand so viel gebannt!
Was hat sich jetzt total in mir verrannt? –
Ein neuer Tag singt oft auch neue Lieder!

Gefühl – Verstand, sie scheinen sich zu meiden
und sind im Kopf doch beide eng vereint.
Muss denn das eine unterm andern leiden?

Es gibt noch andre Wege, wie mir scheint.
Man sollte eines nicht vom andern scheiden.
Verstand, versteh doch, was Gefühl gemeint!

 

 

 

Alle Beiträge sind unredigiert.
* mit sonetttypischer inhaltlicher Strukturierung
   (These, Antithese, Synthese)

 

Renate Golpon     24.2.2006

Erkenntnis

Die ganze Welt, die wolltest du gewinnen
und überhaupt der Größte gerne sein.
Du konntest allerfeinste Fäden spinnen.
Man glaubte gern, die Zukunft sei nur dein.

Die Gegenwart, sie fängt dich unsanft ein,
steckt in den Käfig dich mit Gitterstäben,
beleuchtet grausam ihn mit grellem Schein,
zieht drum herum noch metertiefe Gräben.

Du suchst nach Mitteln, möchtest gerne Macht,
doch die ist rar, gar niemand will sie geben.
Wie lodernd Feuer wird ganz schnell entfacht,
begriffst du schnell – das lehrte dich das Leben.

Du zündelst, dass die Funken baumhoch fliegen.
Es ist so schwer, sich selber zu besiegen!

 

Renate Golpon
„Erfüllung“

translated by  PGS     23. 02. 2006

Fulfilment

You are as beauteous as a golden bowl,
So smoothly shaped and gleaming fairly bright.
With opals only, playing jewels’ role.
I look at you – and I am lost outright.

That bowl, however, is not yet complete,
As it is empty and would want a fill.
It found its place already rather neat,
But misses contents, to be covered, still.

I would like snuggling me upon your bottom
To be your contents, give you heat and powers.
Would rock myself in splendours – you have got them;
Completion makes perfection to be ours.

Please do not keep us waiting any longer,
United let us now be even stronger!

 

Renate Golpon
„Erfüllung“

übersetzt von  Florian Ruppel  
20.2.2006


De perfectione

Formosus similis es tu scutellae
corusco sane praeditae splendore.
Te gemmae ornant aureae pulchellae.
Te intuens sum perdita amore.

Scutella illa nondum est perfecta,
nam vacuast exoptans, ut sit plena.
Cui deest sede quidem iam electa
res autem gravis – sanguini ut vena.

Libenter me in solum acclinarem
– a me et vis et calor tibi dantur –
splendore tuo claro fluctuarem,
nam sic perfecta omnia creantur.

Diutius, te quaeso, ne cessemus,
nos statim unionem inchohemus!

Schön bist du, ähnlich einer Schale,
ausgestattet in der Tat mit schimmerndem Glanz.
Dich schmücken schöne goldene Edelsteine.
Ich schau dich an und bin verloren vor Liebe.

Die Schale ist noch nicht vollkommen,
denn sie ist leer und wünscht sich, gefüllt zu sein.
Sie hat zwar ihren Platz schon ausgesucht,
doch fehlt ihr noch etwas Wichtiges – wie dem Blut die Ader.

Gern würde ich mich an deinen Boden schmiegen
– Kraft und Wärme werden dir gegeben –
würde mich in deinem hellen Glanze wiegen:
denn so wird alles Vollkommene geschaffen.

Laßt uns, ich bitte dich, nicht länger säumen
und sogleich unser Einssein beginnen!